Jürg Grossen, Nationalrat, Parteipräsident der GLP Schweiz, Präsident Swissolar und Swiss eMobility.
NR Jürg Grossen / PW
Stromgesetz für sichere Stromversorgung
Am 9. Juni 2024 findet die wichtige Volksabstimmung über das Stromgesetz statt. Dieses Gesetz ist ein gelungener Kompromiss des Parlaments, welcher zum raschen Ausbau der einheimischen Energien führt und unnötige Hürden abbaut.
Alle Parteien – SVP, FDP, Mitte, EVP, GLP, SP und Grüne – haben das Gesetz im Parlament unterstützt. Es wurde im Ständerat einstimmig und im Nationalrat mit nur 19 Gegenstimmen angenommen. Dazu setzt sich eine breite Allianz aus den grossen Umwelt- und Wirtschaftsverbänden für die Vorlage ein. Dazu gehören neben dem WWF und Pro Natura auch Economiesuisse, der Gewerbeverband, die Auto- und Baubranche bis hin zur Strombranche. Sie alle wissen: Die Versorgungssicherheit ist der Grundstein für unseren Wohlstand. Die SVP-Delegierten haben nun entgegen der Haltung von Bundesrat Rösti und namhaften SVP-Energiepolitikern die Nein-Parole beschlossen. Umso mehr lohnt es sich, diese Vorlage genau anzuschauen und die Vorteile aufzuzeigen.
Mit dem Stromgesetz macht die Schweiz bei der Produktion erneuerbarer Energien einen grossen Schritt vorwärts. Um von Öl, Gas und Kohle wegzukommen, müssen Mobilität und Heizungen elektrifiziert werden. Dafür braucht es genug einheimischen, erneuerbaren und günstigen Strom. Eine sichere Energieversorgung und eine möglichst hohe Unabhängigkeit in der Energieproduktion sind essenziell für die Wirtschaft und die nationale Sicherheit. Dieses Gesetz reduziert unsere Abhängigkeit von importierter, fossiler und elektrischer Energie. Das ist gerade im aktuellen geopolitischen Kontext von entscheidender Bedeutung. Durch Investitionen in unsere erneuerbaren Ressourcen stärken wir unsere Souveränität und unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber internationalen Energiekrisen. Durch die Diversifizierung unseres Energiemixes und Investitionen in lokale erneuerbare Quellen stabilisiert das Stromgesetz Energiepreise auf einem tieferen Niveau. Unsere Wirtschaft und die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten profitieren von mehr Preisstabilität.
Ein Jahr nachdem wir mit dem Klimaschutzgesetz klare Ziele festgelegt haben, gibt uns das Stromgesetz die konkreten Mittel an die Hand. Durch die Beschleunigung des Ausbaus von Wasserkraft, Solar- und Windenergie wird mehr Strom produziert, während der Natur- und Landschaftsschutz gewährleistet bleibt.
Zudem wird die Versorgungssicherheit mit speziell auf die Winterproduktion ausgerichteten zusätzlichen Wasserkraftwerken verbessert. Total 16 grosse Wasserkraft-Projekte erhalten mit Unterstützung der relevanten Umweltverbände deshalb eine Priorisierung mit dem «nationalen Interesse». Das Gesetz vereinfacht zudem auch die Genehmigungsverfahren für Solar- und Windenergieanlagen in nationalem Interesse. Der Schutz der Biotope von nationaler Bedeutung bleibt dabei gesichert.
Solarenergie als zentraler Pfeiler
Neben Wasserkraft, Wind und Biomasse ist vor allem die Solarenergie der zentrale Pfeiler des geplanten Ausbaus. Bereits 2024 werden 10 % des jährlichen Stromverbrauchs aus Photovoltaikanlagen produziert, in vier Jahren werden es bei gleichbleibendem Zubau rund 20 % sein, wie Energieminister Albert Rösti kürzlich anlässlich der PV-Tagung von Swissolar in Lausanne aufgezeigt hat. Die bestehenden Unterstützungsinstrumente werden verlängert und verbessern ihre Wirkung, ohne zusätzliche Abgaben einzuführen. Die Anreize, stärker im Inland in erneuerbare Energien zu investieren, werden für die Branche und für Privatpersonen signifikant verbessert.
Bei der Solarenergie sind alpine PV-Anlagen und solche an Infrastrukturen ein spannendes neues Feld. Der mengenmässig klar grösste und am schnellsten realisierbare Zubau ist jedoch auf und an Gebäuden zu erwarten. Und genau hier beinhaltet das Stromgesetz sehr entscheidende Massnahmen.
Neue Quartierstromlösungen
Dank neuen Quartierstromlösungen kann Solarstrom direkt in der nahen Umgebung verbraucht werden. Mit sogenannten virtuellen Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch und lokalen Elektrizitätsgemeinschaften wird ermöglicht, dass Solarstrom aus der Nachbarschaft direkt in die Wohnungen, Wärmepumpen und Elektroautos fliesst, ohne dass dabei übermässige Netzgebühren für nicht benutzte Stromleitungen fällig werden. Endlich können damit auch Mieterinnen und Mieter von günstigem Solarstrom aus der eigenen Gemeinde profitieren. Eine echte Demokratisierung der Energiewende!
Um die Solarenergie optimal zu nutzen und eine rundum sichere Versorgung zu garantieren, sieht das Gesetz zahlreiche Anreize für die Steuerung und Speicherung vor. So werden etwa Batteriespeicher genauso wie Pumpspeicher in den Bergen vom Netzentgelt befreit, wenn sie gespeicherten Strom wieder ins Netz einspeisen. Zudem wird das bidirektionale Laden und Entladen von Elektroautos, welche in Zukunft einen riesigen Speicher darstellen, ermöglicht. Zudem wird die längst fällige Digitalisierung des Stromnetzes ermöglicht und der Energiedatenaustausch und der Schutz dieser Daten geregelt. Eine optimale dezentrale Stromspeicherung und digitale Systeme entlasten die Stromnetze massiv, optimieren die Investitionen und minimieren die Verluste.
Da Elektrizität in den meisten Fällen die effizienteste Energiequelle ist, stärkt das Gesetz zudem die Stromeffizienz. Dies trägt zur weiteren Reduktion von Energieverschwendung bei und optimiert den Stromverbrauch in Haushalten und Unternehmen. Das Potenzial dabei ist sehr gross und kann dank dem Stromgesetz besser genutzt werden, denn nicht verbrauchte Energie ist und bleibt die umweltfreundlichste.
Mit dem Stromgesetz unterstützen wir auch die Schweizer Wirtschaft und behalten eine hohe Wertschöpfung in unserem Land, anstatt wie heute mit Öl, Benzin und Gas den grössten Teil der Energie zu importieren. Mit einem Ja zum Stromgesetz am 9. Juni sichern wir unsere Stromversorgung für die nächsten Jahrzehnte und profitieren alle davon.
Das Stromgesetz ist ein notwendiger, ausgewogener und zukunftsweisender Schritt in Richtung einer sicheren, CO2-neutralen Zukunft und einer mit erneuerbaren Energien zuverlässig versorgten Schweiz. Es fördert die Unabhängigkeit, den Klimaschutz und die Schweizer Wirtschaft, indem es lokale Wertschöpfung stärkt und gleichzeitig die Natur schützt.
Ein Ja zum Stromgesetz am 9. Juni ist ein Ja zu einer nachhaltigen und sicheren Energiezukunft.